Grenzenlos zwischen Rock und BarockSonntag, 3. März 2024
Las man als eingefleischter „Klassik-Liebhaber“ in der Ankündigung des dritten Musikwinter-Klassik-Konzerts „ … LA FINESSE vermittel[t] spektakuläre Bühnenerlebnisse mit Programmen aus Klassik, Musical, Pop und Rock. …“ konnte mensch vermutlich erst einmal überlegen, ob dieses Konzert wohl mit in die persönliche Musikwinter-Auswahl kommt. Wenn mensch aber mit ins Kalkül zog, dass „die da in Gschwend“ schon ganz genau wissen, was sie tun, musste auch dieses Konzert mit in die Reihe. Dies zeigten die vollen Bänke in der gschwender evangelischen Kirche am Samstag Abend. Bleibt die Frage, ob es sich letztlich gelohnt hat? Ja, eindeutig. Der Abend war auf seine ganz eigene Weise einfach wieder Gschwend: Anders, faszinierend und die Fahrt in den schwäbischen Wald wieder einmal mehr als wert!
Die Bühne in der evangelischen Kirche war leer. Nur ein Cello stand im Hintergrund - von einer Mantilla geschützt. Davor ein Klavierhocker und eine Mikrofon daneben. Diese leere Bühne betraten vier Streicherinnen in Feuerrot mit dezent platziertem Glitzer und legten mit Vivaldis Sommergewitter aus den »Vier Jahreszeiten« los, dass dem Publikum die Blitze nur so durch die Haare fuhren. Sofort fiel der volle Sound der vier auf – einfühlsam, aber auch kraftvoll abgemischt, ganz passend für den Kirchenraum. Denn ganz ohne elektronische Verstärkung geht das nicht, was die vier da – immer wieder mit ihrer Band vom Band (die live einfach nicht mit in die Kirche gepasst hätte) da erklingen ließen. Zurück zum klangvollen und runden Vivaldi: mit etwas angeschärftem Ton, flott wäre für das Tempo eine Untertreibung, aber trotzdem klar ausdifferenziert. Birgit Saemann, die Cellistin, brachte es einer ihrer launigen Ansagen auf den Punkt: „Vivaldi in 2,5 Minuten abgehandelt … ein Gewitter auf die Schnelle …“. Doch der verlor kein Fitzelchen seines ursprünglichen Charakters. »La Finesse« ergänzte ihn einfach „nur“ auf ganz eigene Art. … "Grenzenlos zwischen Rock und Barock" vollständig lesen Ein Abend mit herausragenden InterpretationenSonntag, 18. Februar 2024
Mit Claude Debussy (1862 – 1918), Maurice Ravel (1875 – 1937) und Ludwig van Beethoven (1770 – 1827) spannte das »Sitkovetsky Trio« einen weiten Bogen durch die Musikgeschichte. Denn auch, wenn Debussy und Ravel augenscheinlich Zeitgenossen sind, ist doch Debussys »Trio G-Dur für Klavier, Violine & Violoncello« von 1880 noch ein deutlich in der Klangsprache der musikalischen Romantik verwurzeltes Frühwerk. Ravels »Trio a-Moll für Violine, Violoncello & Klavier« aus dem Jahr 1914 hingegen lässt schon sehr deutlich die Wege der Musik in die Musik des 20. Jahrhunderts erkennen und wirkt auch ansatzweise wie eine Vorahnung der Zerrissenheit, die mit dem ersten Weltkrieg über Europa kam, der kurz nach seiner Fertigstellung ausbrach. Dass der dritte im Bunde – Beethoven – ebenfalls seine ganz eigene Klangsprache hat: geschenkt. Sehr interessant war, wie das »Sitkovetzky Trio« die Töne seines »Erzherzogtrios« (entstanden 1811) in frischem, „jugendlichem“ Glanz erstrahlen ließ.
Debussy eröffnet den ersten Satz mit einem locker-frischen Thema im Flügel, das die zwei Streicher in einer Art Replik übernehmen, um es zusammen mit dem Flügel weiter zu entwickeln. Das Thema gewann an Raum, wobei Alexander Sitkovetskys Violine, Isang Enders' Cello und Wu Qian am Flügel vor allem den Schwung der aufstrebenden Linien für ihre Interpretation zu nutzen wussten, die die Binnen-Bewegung des Satzes zur Kern-Idee machte. Die Dynamik, gepaart mit einfühlsamer Agogik, wurde dazu genutzt, um die vielfältigen Emotions-Schichten des ersten Satzes in einer noch-romantisch klingenden, doch absolut aktuellen Interpretation darzustellen. Diese Frische führten sie im zweiten Satz durch den sehr bewusst gesetzten Gegensatz aus klangvollem Pizzicato, schwirrenden Tönen und rhythmischen Flügel-Akkorden weiter, nebst vielen duftigen Spitzlichtern, die über sonoren Cello-Linien erblühten. Dagegen stand der Einsatz der Pedale zu Beginn des vierten Satzes, der es dem Cello ermöglichte, singend aus den Akkorden des Flügels heraus zu treten, im Dialog oder Gleichklang mit der Violine - dabei standen die Register der zwei Streicher mal in deutlichen Gegensatz, mal verschmolzen sie nahezu. Der vierte Satz ist als Feuerwerk aus Rhythmus und Bewegung mit weit ausgreifender Dynamik treffend zusammengefasst. … "Ein Abend mit herausragenden Interpretationen" vollständig lesen »Connection« – gestern Köln, heute GschwendSonntag, 4. Februar 2024
»Ceramic Dog«, der keramische Hund, so der Name von Marc Ribots Trio, das am Samstag Abend die Gemeindehalle in Gschwend beim dritten Konzert des Jazzclubs bis in die letzten Reihen füllte – die Plätze auf der Bühne mal ausgenommen, doch die sind vielleicht auch nicht wirklich begehrt? Tipp an die Musikwintermacher: Vielleicht würde sich die Bühne auch einmal als Tanzfläche eignen? Beim Jazz fehlte sie auf jeden Fall schon einige Male in den letzten Jahren! Am Ende eines nahezu zweistündigen, nur durch die beiden Schlussapplause vor den zwei Zugaben wirklich unterbrochenen Sets ist Nomen hier Omen – zumindest in Punkto „Ceramic“. Keramik ist hart, zerbrechlich und fragil auf einmal – so wie die Musik der drei. Sie kann fein, fast durchsichtig, aber auch roh, grob und robust sein. Ebenso in natürlicher Einfarbigkeit, aber auch bunt, schillernd, schreiend oder auch ganz dezent mit wenigen Pinselstrichen geschmückt. All diese Aspekte passen auf die Musik von Marc Ribots »Ceramic Dog«, mit Marc Ribot (Gitarre & Stimme), Reza Askari ((Bass)-Gitarre, Moog & Electronics) & Ches Smith (Percussion & Electronics).
Doch „Halt!“ könnten jetzt die sagen, die »Ceramic Dog« kennen: Ein Name stimmt nicht. Stimmt und ist doch nicht richtig, denn Shahzad Ismaily war wegen zwei Grammy-Nominierungen verhindert und so bekamen die Besucher des Konzerts in Gschwend durch die Präsenz von Reza Askari neue Facetten in der Musik von »Ceramic Dog« zu hören, wie sie so bislang nur im Konzert in Köln am Tag zuvor erklangen. Die Setlist des Abends: Lang. Alle Nummern stammen aus Marc Ribots und oder der Feder von »Ceramic Dog«, doch fehl ging, wer einen „Jazz-Abend“ erwartete. Wie begann das Ganze? Wie und wohin entwickelte es sich? Gab es einen roten Faden? Der Reihe nach: … "»Connection« – gestern Köln, heute Gschwend" vollständig lesen
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