Ein Abend/Eine Erzählung voll/aus strömender EnergieSonntag, 10. Dezember 2023
Drei der vier Jazz-Musiker, die am Freitag Abend das Publikum im großen Saal des Predigers in ihren Bann zogen, sind in Gmünd längst keine Unbekannten mehr. Auch in der internationalen Jazz-Szene sind sie mehr als nur „bekannte Namen“! Das Zweite gilt auch für den Frontmann des Quartetts, der in Gmünd sein Debüt hatte: Andreas Schaerer (vocals). Mit ihm kamen der Akkordeonist Luciano Biondini, Kalle Kalima an der Gitarre und Lucas Niggli am Schlagzeug. Ihr Programm: »A Novel Of Anomaly« – ein Titel, der eindeutig neugierig machte, obwohl die Besetzung mit Stimme, Akkordeon, Gitarre (nicht Bass!) und Percussion nicht wirklich jazz-unüblich ist.
„Klassisch“ das Intro der ersten Nummer: Biondini eröffnete mit »Aritmia«, einem seiner Stücke mit rhythmisch akzentuierten Tönen, Akkorden, in die kontrastierend, in das in versetztem Rhythmus die Gitarre einstieg. Mit dem Schlagzeug zusammen entwickelte sich ein prickelnder Groove. Noch blieb Andreas Schaerers Stimme still, es war unklar, wie er sich in das immer dichter werdende Sound-Geschehen seiner drei Mitstreiter einmischen würde. Doch ließ er nicht lange auf sich warten. Hatte mensch irgendwie klassischen Jazz-Gesang erwartet, war die Enttäuschung vielleicht kurz, doch nicht lang! Pointiert gesetzte Vocalisen, Klang- und Silbengebilde in teilweise akrobatischer, aber auch schmeichelnder Folge verbanden sich mit Rhythmus und Harmonie der drei Instrumente, wechselten in Führung und Begleitung ab. So entstand Ton um Ton und Harmonie um Harmonie ein dicht gewebtes Arrangement aus Instrumenten und Stimme, das in aller Verwebung immer Raum ließ für: Hervortreten, führen, zurücktreten, begleiten, Solo, Duett, Dialog, Terzett, alle vier in einer oder in divergierenden Richtung/en, dabei immer an einer gemeinsamen Entwicklung beteiligt. Töne, Folgen, Sequenzen und Instrumente umtanzten sich wie in einem guten Handlungsballett. Ton-Pirouetten, so kann man den Gesang Andreas Schaerers beschreiben. Er tanzte mit seiner beweglichen, registerreichen Stimme auf und mit den Tönen und das alles ohne Worte –meistens. Pointiert gesetzte Vocalisen, Klang- und Silbengebilde in teilweise akrobatischer, aber auch schmeichelnder Folge verbanden sich mit Rhythmus und Harmonie der drei Instrumente, wechselten in Führung und Begleitung ab. So entstand Ton um Ton und Harmonie um Harmonie ein dicht gewebtes Arrangement aus Instrumenten und Stimme, das in aller Verwebung immer Raum ließ für: Hervortreten, führen, zurücktreten, begleiten, Solo, Duett, Dialog, Terzett, alle vier in einer oder in divergierenden Richtung/en, dabei immer an einer gemeinsamen Entwicklung beteiligt. Töne, Folgen, Sequenzen und Instrumente umtanzten sich wie in einem guten Handlungsballett. Ton-Pirouetten, so kann man den Gesang Andreas Schaerers beschreiben. Er tanzte mit seiner beweglichen, registerreichen Stimme auf und mit den Tönen und das alles ohne Worte –meistens …. Auch das zweite Stück, »Stagion«, entstammte der Feder Biondinis. Es begann mit einem schrägen Dialog zwischen Akkordeon und Gitarre. Sie bewegten sich aufeinander zu, entfernten sich, spielten sich Bälle zu und warfen in immer höherer Frequenz mit Sequenzen um sich. Fast hörte mensch sie Ping-Pong mit den Tönen spielen. Plötzlich Beruhigung, das Schlagzeug mischte sich sanft mit den Besen ins Geschehen und bildete die Basis für Schaerers weich-hauchigen Stimmeinsatz, wie Nebelschwaden präsent und doch nicht wirklich greifbar durch den Raum schwebend. Das Spiel der Instrumente wurde dichter, Floskeln, die sich umwerben. Dann, Posaunentöne: Woher? Auf der Bühne ist keine zu sehen, doch eindeutig zu hören. Andreas Schaerer spielte seine Vocal-Posaune mit bestechender Klarheit, gab letztendlich ab an ein Akkordeon-Solo, das sich fein, aber doch präzis wie die gesungenen Nebelschwaden in ungeahnte Höhen schwang. »Dive«: Vom dritten Stück des ersten Sets erfuhr das Publikum den Titel und der Tauchgang war Programm. Extreme Bewegungen, Tempi und Rhythmen vereinten sich zu einem Klanggemälde turbulenten Treibens. Das Stück driftete durch Raum und Zeit, in divergenten harmonisch-rhythmische Sphären und gipfelte mit ruhig-weichen Vocalisen, fast im Nichts – ein kompletter Kontrast zum Treiben vorher, die Schwebeklänge sanft aber klar wie Flageolet geführt. Als ob der Komponist dann sein musikalisches Skalpell an das Stück gelegt hatte, präparierte sich immer mehr die Stimme heraus, nahm an Kraft und Führung zu, spielte mit den Tönen, Klängen, Kunstworten und Silben in harmonischer, aber auch kontrastreicher Entwicklung über und mit den Instrumenten, wurde selbst zum Instrument und blieb doch menschlich. »Fiore Salino« - eine salzige Blume vor der Pause. Wehmütig kamen Text und Melodie über der Basslinie des Akkordeons daher. Der rauchig-raue Stimmeinsatz in stetem Gespräch mit dem Schlagzeug. Darüber schwebte die Gitarre in einem Parallel-Universum. Nach schlagartiger instrumentaler Eruption ein rockig-hartes Schlagzeug: Jetzt war endgültig klar, weshalb dieses Quartett unbedingt Lucas Niggli als Schlagzeuger haben muss; als Finale ein Vocal-Solo quer durch alle Lagen und Register, erweitert um Vocal- und Body-Percussion: Andreas Schaerer mehrstimmig mit sich selbst. Pause und zweite Runde. Andreas Schaerer singt in allen Sprachen des Quartetts, auch Finnisch, denn Kalle Kalima kommt von dort. »Laulu Jatkuu« (in etwa: Das Lied geht weiter) als musikalisches Programm: Schwebende Gitarren-Cluster, die Gitarre gleichzeitig Melodie und Bass, alle Vier immer wieder musikalisch multifunktional. Töne aus dem Raum gegriffen und wieder zurück geworfen. Spiel und Variation des Vorhandenen hin zu immer Neuem und doch Bekanntem – quasi un rondò. Doch wenn mensch dachte, die Richtung sei klar, war da schon ein ganz neuer Raum mit neuen Ausblicken, Licht und Schatten aus unerwarteten Richtungen. Impro-Variationen entwickeln die Musik und den Text weiter in sur-real neue Welten. Nach zwei weiteren ganz eigenen Nummern und einer per technischem Klatsch-K.O. errungenen Zugabe war die Novelle von der Anomalie für den Abend erzählt. (hat) Trackbacks
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